Es gibt Bücher, die fallen einem genau zur richtigen Zeit in die Hände.
Als sich in unserer Familie kurz vor den Osterferien der Stresscocktail aus vermeintlichen Alltagsverpflichtungen, beruflicher Anspannung und Schulstress aufschäumte, kam das Buch „Das Faultier-Prinzip“ von Anke Elisabeht Ballmann gerade recht.
Eigentlich halte ich es nicht für eine gute Idee in so einer Situation noch einen Erziehungsratgeber zu lesen. Überhaupt habe ich es bei vielen dieser Bücher nicht bis zum Ende geschafft, sondern sie meistens schon nach wenigen Kapiteln mit vielen Fragen und einem schlechten Gewissen aus der Hand gelegt.
Aber dieses Buch ist anders. Erfrischend, unterhaltsam, wohltuend und entspannend.
Das liegt vor allem an Frieda, dem Faultier aus Bolivien, das eines Tages an der Stehlampe im Büro der Autorin hängt und sich über die Menschen und deren Verhalten wundert.
„Ihr wisst zwar viel, aber was hilft euch all das Wissen, wenn ihr nicht das tut, von dem ihr wisst, dass ihr es tun müsstet? Wisst ihr Menschen wirklich, was man für ein gutes, gelassenes Leben braucht, oder nur, wo das nächste Outlet-Center ist?“
In den folgenden witzigen aber gleichzeitig aufschlussreichen Dialogen reflektieren die Autorin und das Faultier die menschliche Erziehung und Bildung vom Baby bis ins Erwachsenenalter.
Angefangen vom Wettspringen der Affenbabys, über den Bildungspanikdrachen bis zum Affentanz um das Abitur stellt Faultier Frieda die Überzeugungen unseres Bildungssystem in Frage. Sie versteht nicht warum Menschen sich so schwer tun, ihren Kindern die einfachen Dinge zu geben, die sie für ein gutes Leben brauchen: Nestwärme, Schutz und Vertrauen. Frieda ist überzeugt, dass das Lernen durch Vorbilder und Neugierde ganz von alleine kommt. Das klappt in der Natur schließlich auch.
„Eure Kinder brauchen Zuwendung und Zeit – nehmt euch viel Zeit für sie, es ist das Wertvollste, das ihr ihnen geben könnt.“
Die Reise durch die Bildungsphasen der Kindheit und Jugend ist kurzweilig und doch betrüblich, gerade für die Kinder, die schon im frühen Alter ständigem Druck ausgesetzt werden. Frieda sorgt mit ihren Fragen dafür, dass man beim Lesen immer mehr zum Faultier wird und sich irgendwann selber wundert was wir unseren Kindern so alles abverlangen.
Was können wir also besser machen? Einfach mehr Faultier und weniger Mensch? Ganz so einfach macht es sich die Autorin nicht. Trotzdem folgt im zweiten Teil des Buches ein Plädoyer für mehr Gelassenheit, dafür die Unwägbarkeiten des Lebens zu akzeptieren und ein Lob auf die Langsamkeit in der menschlichen Entwicklung.
Vieles davon ist sicherlich nicht überraschend, aber dafür sehr anschaulich, eindringlich und klar. Auf jeder Seite finden sich Aussagen, die man sofort als Kühlschranknotizen ausschneiden möchte.
Diesmal habe ich das Buch nicht mit offenen Fragen, sondern mit einem guten Gefühl aus der Hand gelegt. Was mache ich jetzt daraus? Ganz einfach, ich gehe zu meinen Kindern und verbringe Zeit mit Ihnen.
Das Faultier-Prinzip ist erschienen im Goldegg Verlag und kostet als Softcover 20,- EUR.